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Stellungnahme der SPD-Ratsfraktion zum Entwurf des Leitbilds Mobilität

Sehr geehrter Herr Hilker,

hiermit bitten wir Sie, die nachfolgende Stellungnahme zum Leitbild Mobilität zur Kenntnis zu nehmen und unsere Überlegungen mit in den Prozess zur Erarbeitung des Masterplans Mobilität einzubeziehen.

Die Verwaltung hat am 10.11.2021 den ersten Entwurf des Leitbilds Mobilität im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt. Dieses Leitbild soll zukunftsweisend sein und die Grundlage für den von der SPD-Ratsfraktion beantragten Masterplan Mobilität bilden, welcher im Jahr 2022 unter Einbindung von Bürger*innen, weiteren Experten und Politik entwickelt werden soll.

Auch wenn konkrete Maßnahmen zum Thema Mobilität erst Gegenstand des Masterplans sein werden und als solche noch zu entwickeln sind, sollte das Leitbild die Weichen für ein künftiges, gesamtstädtisches Mobilitätskonzept in Detmold stellen.

Das Thema Mobilität ist als Themenfeld 2 eines der zentralen Themen der Detmolder Nachhaltigkeitsstrategie. Das strategische Leitbild Mobilität ist nicht nur zur Erreichung unserer Klimaziele von entscheidender Bedeutung und sollte daher sorgfältig durchdacht werden. Die Untersuchungen des Büros BET zum Themenfeld ÖPNV / Klimapakt Stadt Detmold sollte mit in unsere Überlegungen einbezogen werden.

Mit dem ersten Entwurf, der vom Büro SHP unter Beteiligung verschiedener Gremien erarbeitet wurde, sind bereits erste, entscheidende Schritte getan. Diese greifen jedoch aus Sicht der SPD-Fraktion zu kurz. Zum einen fehlt es dem Leitbild an einer Vision und es erscheint wenig bis gar nicht innovativ. Zum anderen ist aus Sicht der SPD eine ganzheitliche Mobilitätsstrategie nicht erkennbar.

Das Leitbild nimmt nur allgemein und rudimentär auf die Detmolder Nachhaltigkeitsstrategie Bezug, auf die konkreten Ziele der Strategie beim Themenfeld Mobilität geht das Leitbild nicht ein.

Dies betrifft insbesondere die Einbeziehung bzw. die Perspektive des ÖPNV (z. B. das Thema On-Demand-Verkehr das zukünftig im Rahmen von Mobilität eine Rolle spielen könnte). Es fehlt der Bezug zur Digitalisierung, d. h. die Rolle, die Digitalisierung im Verkehr der Zukunft spielen soll (z. B. eine „Echtzeit App“ in der private Mitfahrgelegenheiten für eine Reduzierung des Individualverkehrs sorgen könnte).

Auch das Zusammenspiel mit dem Projekt „Smart Cities“ fehlt vollständig, welches ein Reallabor „Mobilität“ beinhaltet und eben genau dieses Zusammenspiel zwischen Verkehr und Digitalisierung zum Gegenstand hat. Dabei bietet gerade dieses Themenfeld auch entscheidende soziale Perspektiven wie etwa eine verbesserte Inklusion benachteiligter Personenkreise wie Menschen mit Behinderungen, Senioren*innen, deren soziale Lebenslage in diesem Zusammenhang aus Sicht der SPD zwingend zu betrachten und zu bewerten ist.

Ein weiteres elementares Themenfeld ist die Verzahnung von ländlichem Raum und Stadt in beide Richtungen und die entsprechende Konzeptentwicklung für beide Richtungen. Dies bedeutet nicht nur, aber insbesondere die Verbindung der einzelnen Ortsteile in die Kernstadt zu analysieren. Hier zeigt es sich, ob möglichst viele Wege eben nicht mit dem PKW zurückgelegt werden, der dann auch noch den knappen Parkraum benötigen würde. Es kommt nicht nur darauf an, Einpendlern innerhalb der Stadt Alternativen zum motorisierten Individualverkehr anzubieten, sondern auch Konzepte für Auspendler zu entwickeln. Und ganz entscheidend ist auch, die Mobilität der Einwohner*innen in den Blick zu nehmen, die sowohl in Detmold wohnen als auch arbeiten. Die Trennung und gleichzeitig umfassende Beleuchtung dieser verschiedenen Themenkomplexe wird im Leitbild nicht hinreichend deutlich.

Schließlich werden aus Sicht der SPD auch keine wesentlich neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt. Vielmehr fokussiert sich das Leitbild nur auf übliche Schwerpunkte, wobei innerhalb dieser Schwerpunkte auch keine innovativen Ansätze und Ambitionen entwickelt werden. Es verkennt damit den lokalen Handlungsdruck, der vor allem mit Blick auf die Erreichung der Klimaziele besteht. Auch wenn Mobilität nur ein Teilaspekt auf dem Weg zur Erreichung der Klimaziele sein kann, muss Detmold aus Sicht der SPD diesen Baustein deutlich „größer“ Denken.

Größer denken bedeutet auch, die Reduzierung des Individualverkehrs viel stärker in den Blick zu nehmen. Fakt ist, dass jeden Tag 23.500 Fahrzeuge nach Detmold einpendeln, die tagsüber geparkt sein wollen, aber das Ziel muss sein, Lösungen zur Reduzierung zu finden. Dazu gehört die Einbeziehung der Preispolitik beim Thema Parken ebenso wie die Schaffung echter Alternativen zum Individualverkehr, die den vorhandenen Raum möglichst optimal ausnutzen.

Aus Sicht der SPD sollte zwingend auch daran gedacht werden, völlig neue, innovative Verkehrsmittel mit in die Überlegungen einzubeziehen. So sollte beispielsweise zur Vermeidung verkehrstechnischer Engpässe wie an der Paderborner Straße Richtung Neustadt geprüft werden, ob nicht eine Seilbahn / Schwebebahn von einem künftigen Mobilpunkt am Ausweichparkplatz Freilichtmuseum eine echte Alternative in Richtung Innenstadt sein könnte. Eine solche könnte über dem Wasser verlaufen und würde gleichzeitig eine enorme Attraktivitätssteigerung für Detmold bedeuten. Auch eine Anbindung des Hermannsdenkmals zur anderen Seite könnte geprüft werden. Die Stadt Bonn etwa plant gerade eine solche Lösung als Verbindung zwischen Venusberg und dem Universitätsklinikum. In Detmold finden sich solche Überlegungen leider in keiner Weise im Leitbild wieder. Ebenso wenig finden sich Überlegungen zur künftigen Einbeziehung autonomen Fahrens, zu einer möglichen Straßenbahnanbindung oder ähnliches. Es werden lediglich bereits vorhandene Verkehrsmittel in die Überlegungen einbezogen.

Aus Sicht der SPD fehlt im Leitbild-Mobilität auch das Oberziel „Verkehrsflussoptimierung“, welches die Entlastung und Optimierung des Verkehrs in der Innenstadt beinhaltet. Auf dieser Basis sollte es grundlegende Rahmenparameter als richtungsweisende Leitplanken für den Masterplan „Mobilität“ vorgeben.

Korrespondierend dazu sind die Strategien zu erweitern. Die konsequente Nutzung von neuen technischen Entwicklungen (Künstliche Intelligenz, Leitsysteme, etc.), die Optimierung etlicher Ampelschaltungen und die Reduzierung vom Ampelanlagen überhaupt durch den priorisierten und konsequenten Einsatz von Kreisverkehrslösungen sollten als Strategie aufgenommen werden. Detmold verfügt über eine Bahnlinie, die das Stadtgebiet mittig durchzieht. Das S-Bahnkonzept OWL wird umgesetzt und sieht aktuell einen Haltepunkt in Remmighausen vor. Auch dieser Punkt ist aktuell im Leitbild unberücksichtigt und sollte ebenfalls in die Strategie einbezogen werden (siehe „Verknüpfung der Verkehrssysteme“). Durch die Kombination mit Multimodal-Hubs bieten sich damit weitere Möglichkeiten den Innenstadtverkehr zu entlasten.

Die SPD steht zu dem Ziel einer nachhaltigen Mobilität in Detmold bis zum Jahr 2030. Im Leitbild-Entwurf werden für die Erreichung dieses Ziels „neue Lösungen im bisher nicht dagewesenen Umfang“ gefordert.

Zusammenfassend bleibt der vorgelegte, erste Entwurf des Leitbilds aus Sicht der SPD deutlich hinter diesen Erwartungen zurück und sollte unter Einbeziehung der oben genannten Anregungen überarbeitet werden, um eine zukunftsweisende Grundlage einer Verkehrswende sein zu können, die Detmold ebenso wie viele andere Städte dringend benötigt. Bei der Überarbeitung sollten Ambition und Innovation die entscheidenden Treiber sein, um auf dieser Grundlage durch entschiedenes Handeln zu gewährleisten, dass die Detmolder Nachhaltigkeits- und darunter auch Klimaziele erreicht werden können.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Friedrich
-Fraktionsvorsitzender-

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